1. Semester
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Wenn ihr Erstis im Leipziger Medizinstudium seid, dann ist dieser Artikel genau das richtige für euch. In diesem Beitrag geht es um das 1. Semester, was es in den einzelnen Fächern zu beachten gilt und wie ihr besser durch die Prüfungen kommt.
Zur besseren Lesbarkeit schreibe ich im Präsenz. Der Artikel basiert jedoch auf meinen Erfahrungen aus dem Wintersemester 2019/2020. Meine Infos und Ratschläge bieten zwar grundsätzlich eine gute Orientierung, sind aber teilweise überholt. Bitte haltet euch primär an die aktuellen Aushänge bzw. die Infos eurer Dozenten und verlasst euch nicht einfach auf meinen Erfahrungsbericht.
To-do‘s in der Vorklinik
Das Leipziger Medizinstudium ist recht schulähnlich organisiert. Ihr habt einen vorgefertigten Stundenplan und müsst euch um das meiste nicht selbst kümmern. Es gibt aber vier Punkte, die ihr eigenverantwortlich organisieren und zum Physikum vorweisen müsst:
- ein dreimonatiges Pflegepraktikum
- eine Berufsfelderkundung (also eine eintägige Hospitation)
- ein Wahlfach
- einen Erste-Hilfe-Kurs (der nicht zu alt sein darf)
Das kann je nach Bundesland und Uni abweichen. Informiert euch bitte auf der Internetseite eures Landesprüfungsamtes genauer.
Im 1. Semester würde ich mir erstmal nur über das Pflegepraktikum Gedanken machen. Der Rest kann warten. Das Pflegepraktikum darf man nur in der vorlesungsfreien Zeit ableisten und die ist sehr begrenzt. Deshalb würde ich den ersten Monat gleich zwischen 1. und 2. Semester machen. Es ist besser sich früh zu bewerben als spät – November ist eine gute Richtlinie.
Physik
Das Fach Physik umfasst eine Vorlesungsreihe sowie die Praktika I und II. Den Besuch der Vorlesung kann ich sehr empfehlen, da sie den Lernstoff umfassend und einsteigerfreundlich aufbereitet. Das Praktikum I ist letztlich ein Seminar. Jede Woche bearbeitet man eigenständig Übungsaufgaben, um die dann im Seminar zu vergleichen und zu besprechen. Gute Vorbereitung und aktive Mitarbeit lohnen sich. Beim Praktikum II handelt es sich um eine Art Vorbesprechung für das „richtige“ Praktikum im 2. Semester.
Die Klausur besteht aus zwei Teilen. Der Erste findet meist schon im Dezember statt, der Zweite i.d.R. am Anfang des nächsten Semesters. Viele Studenten haben gerade vor Physik große Angst. Die Klausur hat einen hohen Anspruch und beinhaltet viele Rechenaufgaben, weswegen der Faktor Zeit besonders kritisch ist.
Zur Vorbereitung habe ich meine Vorlesungsmitschriften, die digital verfügbaren Formelblätter, Übungsaufgaben und Kreuz-Tools genutzt. Wichtig ist, dass ihr die Vorlesungsinhalte versteht, die Formeln auswendig lernt und viel mit Übungsaufgaben bzw. Kreuzen trainiert. Wenn man viel übt, wird das Aufgabenlösen zum Automatismus und man kann die Rechenaufgaben gut in der vorgegebenen Zeit schaffen.
Wenn ihr wissen möchtet wie man MC-Fragen und Rechenaufgaben insbesondere angeht, dann lest gerne in diesem Beitrag nach. Ich bin auch kein Ass in Physik. Aber mit genug Übung kann man die Klausur bestehen.
Biologie
In den letzten Jahren wurde das Fach Biologie grundsätzlich umgestaltet, deshalb nur zwei allgemeine Tipps:
- Nehmt die Klausur ernst und bereitet euch bei Zeiten vor.
- Kreuzen Kreuzen Kreuzen. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch alle Fächer. Es gibt einfach keine effektivere Art der Vorbereitung.
Manche Fächer orientieren sich bei ihren Klausuren sehr am Physikum, sodass es sinnvoll ist die alten Physikumsfragen zu kreuzen. Thieme Examen Online und Amboss sind hier zwei gleichwertige Alternativen.
Falls ihr aktuelle Tipps zum Fach Biologie sucht, hört euch am besten im nächst höheren Jahrgang um.
Anatomie
Anatomie ist neben Biochemie und Physiologie einer der drei großen Player in der Vorklinik. Das Fach wird euch bis zum 4. Semester begleiten und bildet eine wichtige Grundlage für die klinischen Fächer. Es lohnt sich also wirklich, Anatomie von Anfang an richtig zu lernen.
Im 1. Semester gibt es eine Vorlesungsreihe und Seminare im Präpariersaal. Diese Vorlesung ist wichtig, um schnell Fuß zu fassen und im Seminar mitzukommen, vor allem wenn ihr keine anatomischen Vorkenntnisse mitbringt.
Die Seminare basieren auf einem Skript, welches auch den Großteil der prüfungsrelevanten Infos enthält. Die erste Prüfung ist das sogenannte Knochentestat. Es findet etwa zur Halbzeit des Semesters statt und ist eine kleine Zwischenprüfung. Ich fand sie recht harmlos. Natürlich muss man sich ordentlich vorbereiten, aber kaum jemand fällt hier durch. Wer die entsprechenden Seiten im Skript beherrscht, der ist gut aufgestellt.
Die mündliche Abschlussprüfung am Semesterende ist schon ein anderes Kaliber. Hier ist das gesamte Skript relevant. Aber je nach Seminarleiter können einzelne Themen wegfallen, oder noch mehr Themen dazukommen. Fragt vorher am besten gezielt nach.
Für mich war es die schwerste Prüfung in neun Semestern Medizinstudium. Natürlich spielt auch Glück bei mündlichen Prüfungen immer eine Rolle. Ihr könnt einen netten Prüfer bekommen und ein einfaches Thema ziehen, aber darauf würde ich mich nicht verlassen. Die Durchfallquote war jedenfalls in unserem Jahrgang vergleichsweise hoch. An eurer Stelle würde ich diese Prüfung sehr ernst nehmen und mich gründlich vorbereiten.
Histologie
Die Histologie ist bei der Anatomie angegliedert und wird auch als mikroskopische Anatomie bezeichnet. Hier habt ihr eine Vorlesung und einen Kurs, in dem die verschiedenen Präparate durchgesprochen und mikroskopiert werden. Es gibt zwei Skripte zum Kurs, die ich viel und gerne genutzt habe.
Auch die Histologie-Klausur umfasst zwei Teile, einer im 1. Semester und einer im 2. Semester. Gelernt habe ich mit Lehrbuch, den Skripten und meinen Notizen darin. Darüber hinaus spielt das Kreuzen bei der Vorbereitung eine entscheidende Rolle. In der Histologie lohnt es sich auch die passenden Physikumsfragen zu kreuzen.
Dann gibt es noch den Histotrainer von Amboss. Diese Videoserie ist auf YouTube verfügbar und bietet einfache Erklärungen und praktische Unterscheidungshilfen für die verschiedenen Präparate.
Die Uni Leipzig besitzt zudem ein virtuelles Mikroskop. Das ist eine Internetplattform, auf der ihr Präparate am Computer mikroskopieren könnt. Gerade für das Selbststudium sehr praktisch.
Terminologie
Medizinische Terminologie ist ein Fach, das euch genau wie Anatomie an vielen Stellen zugutekommt. Es gliedert sich in drei Bereiche:
- Lateinische Vokabeln deklinieren und übersetzen. Nominativ und Genitiv reichen i.d.R. aus und ihr braucht keine großen Vorkenntnisse in Latein.
- Griechische Morpheme. Dabei handelt es sich um einzelne Silben, die jeweils eine eigene Bedeutung haben. Man kann griechische Wörter mit Hilfe der Morpheme in Silben auftrennen und übersetzen.
- Klinische Ausdrücke folgen wiederum keiner Systematik und sind historisch gewachsen. Ihr müsst einfach nur die Bedeutung der Wörter kennen. Wer schon in einem anderen medizinischen Beruf tätig war hat hier einen Vorteil.
Auch hier gibt es eine Vorlesung und ein Praktikum/Seminar nebst Skript. Für mich war aber die Leipziger Vokabel-App am hilfreichsten. Sie ist ein äußerst praktikables Tool, um die Vokabeln zu lernen. Zum Start ist der einfache Modus nicht schlecht, aber letztlich braucht ihr den erweiterten Modus, um die klausurrelevanten Vokabeln abzudecken. Wichtig ist, nicht erst eine Woche vor der Klausur anzufangen, sondern konsequent über das Semester hinweg zu lernen. Ich habe die Busfahrten zwischen Uni und Wohnung dafür genutzt.
Nun zu meiner Priorisierung der Lernbereiche (Stand Wintersemester 19/20):
- Die griechischen Morpheme sind recht wenig Stoff, brachten aber viele Punkte – daher unbedingt lernen. Fürs Deklinieren gilt dasselbe. Wenn ihr es einmal verstanden habt, sind das leicht verdiente Punkte.
- Bei den lateinischen Vokabeln geht es einerseits um die Übersetzung, andererseits um das Geschlecht. Bei Übersetzungen habe ich mich weitgehend auf den einfachen Modus der App beschränkt. Das Geschlecht erkennt man oft an der Endung. Im erweiterten Modus habe ich nur die Ausnahmen für Deklination und Geschlecht gelernt. Natürlich wäre es besser alles zu lernen. Aber ehrlich, der Tag hat nur 24 Stunden und Termi ist nur ein Fach von vielen.
- Beim klinischen Vokabular habe ich am ehesten Abstriche gemacht. Ja, der Bereich ist auch klausurrelevant, aber ihr habt eine Unmenge an Vokabeln, die in der Klausur nicht gerade überrepräsentiert sind.
Die Prüfung war keine typische MC-Klausur, sondern bestand aus Freitextaufgaben. Ihr könnt auch eure Seminarleiter nach Tipps fragen, wie man am besten für die Klausur lernt – die können oft weiterhelfen.
Chemie
In Chemie gibt es wieder eine Vorlesung, ein Seminar/Praktikum und ein Skript. Die Vorlesung bietet eine solide Grundlage für Zwischentestate und Abschlussklausur. Das Skript ist mehr ein Arbeitsheft, welches man in der Vorlesung ausfüllt.
Vor jedem Seminar werden Aufgaben hochgeladen, welche man schon im Voraus lösen muss. Der Seminarleiter ruft dann Studenten auf, die die Aufgaben vorstellen. Jeder muss bis Ende des Semesters mehrere solcher Testate bestanden haben. Um eine gute Vorbereitung kommt also niemand herum.
Die Klausur umfasst einen Mix aus MC- und Freitextaufgaben. Alles, was im Skript steht, kann abgefragt werden.
Eines ist mir wichtig: Das Medizinstudium besteht nicht nur aus reinem Auswendiglernen. Wenn ihr die Konzepte hinter den Fakten versteht und gut selektiert, dann spart ihr euch viel Zeit und Stress. Niemand kann alles lernen oder wissen.
Anstatt das gesamte Skript auswendig zu lernen, würde ich von Anfang an in Vorlesung und Seminaren aktiv mitarbeiten. In Chemie ist das Verständnis von Konzepten und Zusammenhängen entscheidend. Nehmt nicht einfach hin das etwas so ist, sondern fragt, warum es so ist.
Das so erworbene Wissen kann man gut an Altklausuren erproben. Wir haben uns damals zu dritt online getroffen und die Aufgaben gemeinsam durchgearbeitet. Jeder bekam reihum eine Frage und hat den anderen erklärt, warum welche Antwort richtig ist und warum die anderen Antworten falsch sind.
Das Kreuzen bzw. das Lösen von Altklausuren ist ein aktiver Lernprozess. Es geht weniger darum die eigene Leistung zu prüfen, sondern das Wissen selbst anzuwenden und zu festigen.
Auf ihrer Webseite stellt die Chemie neben Seminaraufgaben und Altklausuren auch eine Formelsammlung zur Verfügung. Dieses Dokument fasst wesentliche Strukturformeln an einem Ort zusammen. Ich habe sie damals kurzerhand mit Karteikarten gelernt. Das Skript hingegen diente eher dem gezielten Nachschlagen. Nur bestimmte Themen, wie etwa die Experimente, habe ich direkt aus dem Skript gelernt.
Chemie ist ein ausgesprochen umfangreiches und anspruchsvolles Fach. Wenn ihr von Anfang an mitarbeitet und euch aktiv vorbereitet, könnt ihr es definitiv schaffen.
Ein Wort zu Lehrbüchern
Bitte haltet euch mit dem Kauf von Büchern zurück. In meiner Erfahrung kaufen neue Studenten viel zu viele Bücher, weil es ihnen ein Gefühl von Sicherheit gibt. Später verstauben die Bücher oft im Regal. Meistens reichen Vorlesungen und Skripte aus, um die Klausuren zu bestehen. Zudem sind sie kompakter und besser auf die Prüfung zugeschnitten als jedes Lehrbuch.
Vorab sei gesagt, dass ich keine Kooperationen mit Autoren oder Verlagen habe und kein Geld an diesen Empfehlungen verdiene. Im Folgenden stelle ich die Bücher vor, die für mich eine sinnvolle Ergänzung waren:
- In Anatomie braucht man in meinen Augen erstmal keine Bücher. Vorlesung, Skript und Internet reichen komplett aus. Ab dem 2. Semester sollte man über Lehrbuch, Anatomieatlas & Co. nachdenken.
- Für Histologie gibt es den Welsch1 und den Lüllmann-Rauch2. Der Welsch ist leicht geschrieben und exzellent bebildert. Der Lüllmann-Rauch bevorzugt schematische Darstellungsformen und hat Taschenbuchformat. Beides sind gute Optionen, vielleicht kommt man aber auch ohne Buch durch.
- Wenn ich nochmal Ersti wäre, würde ich es dabei belassen. Im Beitrag zum 2. Semester stelle ich weitere Bücher vor. Für das 1. Semester gilt: Weniger ist mehr. Wenn ihr von der Stoffmenge so schon überflutet seid, dann helfen mehr Bücher auch nicht weiter.
Hoffentlich konnte dieser Artikel Struktur in das Chaos bringen, das euch im 1. Semester erwartet. Am Anfang ist alles neu und das Studium sehr fordernd. Nicht verzagen. Das alles ist machbar – auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Wenn ihr Feedback oder Updates zu diesem Artikel habt, dann schreibt mir bitte.
Frédéric
Literaturverzeichnis:
1 Deller, Thomas: Histologie – Das Lehrbuch, Ulrich Welsch/Wolfgang Kummer (Hrsg.), 5. Auflage, Elsevier GmbH, 2018.
2 Lüllmann-Rauch, Renate/Esther Asan: Taschenlehrbuch Histologie, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag KG, 2019.